Text: Sportkletterteam der Naturfreunde Österreich
„Ist der Tuber jetzt verboten?“ Mit dieser Frage sehen sich AusbildnerInnen und KursleiterInnen seit den in jüngster Zeit veröffentlichten Empfehlungen des Alpenvereins** sowie des Kletterhallenverbands KLEVER*** häufig konfrontiert. Eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist und einer differenzierten Betrachtung bedarf. Insbesondere weil damit weitreichende Konsequenzen verbunden sind: Dürfen ÜbungsleiterInnen der Naturfreunde Österreich Tuber in Kursen verwenden? Oder handeln sie damit fahrlässig? Dürfen Hallen der Naturfreunde Österreich Tuber als Leihgeräte ausgeben? Und schließlich: Wie lautet die allgemeine Sicherungsgeräteempfehlung der Naturfreunde für das Klettern in der Halle?
Die Komplexität der Thematik und die weitreichenden Folgen jenes Geräts, das derzeit über 50 % der Sportkletterinnen und -kletterer verwenden, auf ein Nischendasein zu reduzieren haben das Referat Sportklettern der Naturfreunde Österreich dazu veranlasst, dem Problembereich eine vierteilige Serie zu widmen. Verschiedene Argumentationslinien sollen dabei abgegrenzt und genauer betrachtet werden.
Nach diesem einleitenden Artikel folgt im 2. Teil eine Auseinandersetzung mit den pädagogischen Implikationen einer solchen Umstellung - sowohl methodisch (die Wichtigkeit des Schließens der Bremshand wird nicht mehr erlebt) als auch psychologisch (ich vertraue dem Gerät versus ich vertraue dem Sicherer). Außerdem sollen neuere Entwicklungen im Klettersport unter dem Begriff Sicherheitskultur beleuchtet und kritisch hinterfragt werden (vgl.: Streicher, „bergundsteigen“ 4/14).
Im 3. Teil werden wichtige Statistiken zum Thema gesichtet und ihre Verwendbarkeit als Entscheidungsgrundlage hinterfragt. Ist es anhand der vorliegenden Statistiken überhaupt möglich, von einer „anekdotisch-subjektiven“ zu einer objektiveren datenbasierten Grundlage zu gelangen?
Abschließend werden im 4. und letzten Teil der Serie die angehäuften theoretischen Überlegungen in grundsätzliche praktische Empfehlungen für den jeweiligen Einsatzbereich münden.
Als ersten Gedankenanstoß wollen wir an dieser Stelle fragen, ob es - im Sinne der Unfallprävention - nicht sinnvoller wäre, mehr Energie in „positive Aufklärung“ anstatt in die Verbannung eines bestimmten Sicherungsgerätes zu investieren. Eine genauere und differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema Sichern und vor allem die richtige Bedienung des jeweils verwendeten Sicherungsgerätes sollten im Zentrum der Debatte stehen. Jede Sicherin/jeder Sicherer sollte bei jedem Sicherungsvorgang wissen, warum sie/er genau in dieser Situation genau dieses Sicherungsgerät verwendet und wie genau dieses jeweilige Gerät bedient werden muss. So würden Sicherungsunfälle effektiv reduziert werden.
Nun, vielleicht besteht ja gerade darin die Essenz und wichtige Funktion der gesamten Diskussion: Stärken und Schwächen der verschiedenen Sicherungsgeräte werden augenscheinlich, Bedienungsvorgänge analysiert, Einsatzbereiche differenziert. Genau das schafft die „Tuberdebatte“ derzeit. Entscheidend wird sein, welche Schlussfolgerungen und vor allem welche Konsequenzen wir daraus ziehen.
Sichern mit Tube:
Bremsseil fest umschlossen, Bremshand nach unten
Sichern mit Smart:
Sichern mit Grigri:
Bremsseil fest umschlossen!
* Mit Tuber ist eine Familie von Sicherungsgeräten gemeint, deren Bremsmechanismus nach dem Knickprinzip funktioniert. Typische Vertreter sind der ATC-XP von Black Diamond sowie der Reverso 4 von Petzl.
** Siehe z. B. Ernst & Kuntnawitz in: „bergundsteigen“ 1/11, Lammel in: „bergundsteigen“ 3/13 und 2/14, Schwiersch et al. in: „bergundsteigen“ 4/12, Semmel et al. in: „bergundsteigen“ 1/13 und 2/13, Larcher in: „Bergauf“ 4/14, PDF Lehrmeinung AV zur „Verwendung von Sicherungsgeräten beim Sportklettern“ (November 2014)
*** Siehe z. B.: http://www.dkhv.de/index.php/de/news/127-kletterhallenverband-setzt-neue-sicherheitsstandards