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3.6. Dynamisches Klettern

Klettern ohne Dynamik ist heute kaum noch vorstellbar. Vor allem durch das Bouldern sind Schwung- und Pendelbewegungen zu essenziellen Bestandteilen von Kletterbewegungen geworden. Gründe gibt es genügend:

  • Der Zug ist so schwer, dass er statisch nicht zu schaffen ist
  • Die Griffe sind zu weit auseinander
  • Es ist keine stabile Position beim Weitergreifen möglich
  • Es ist ökonomischer
  • Es sieht cool aus
  • Es macht Spaß

Dynamisches Klettern ist aber auch eine Frage des individuellen Kletterstils. Manche Menschen bewegen sich völlig selbstverständlich gerne dynamisch, andere fast ausnahmslos statisch. Diese Vorlieben dürften sowohl psychisch (Aufgeben der Kontrollmöglichkeit) als auch physisch (Anteil der verschiedenen Muskelfasertypen) begründet sein.

1.) Dynamo

 

Technik/Bewegungsbeschreibung:

  • Schwung holen und Beckenimpuls
    Dynamische Bewegungen nutzen den KSP als Masse zur Erzeugung von Energie. Dafür ist es notwendig durch eine Ausholbewegung entgegen der Zielrichtung Schwung zu erzeugen. Bei einem dynamischen Zug nach oben sieht das im Detail so aus: Der KSP wird, nach einer Ausholbewegung nach hinten, durch eine Zugbewegung der Füße an die Wand und über die Standfläche zurückgebracht und dann durch Druck aus den Beinen in die Bewegungsrichtung beschleunigt (=Beckenimpuls). Es geht dabei darum, die beiden Bewegungen („von hinten zur Wand“ und „über den Beinen nach oben“) möglichst rund zu einer wellenförmigen Gesamtbewegung zu verbinden.
  • Greifen im „Totpunkt“
    Das Festhalten des Zielgriffes erfolgt bei dynamischen Zügen am Umkehrpunkt der Schwungbewegung. Dieser kurze Moment, in dem sich Körperimpuls und Gewichtskraft (Schwerkraft) ausgleichen, wird auch als „Totpunkt“ bezeichnet. Im Idealfall passiert die Greifbewegung der Hand in diesem kurzen Moment des Kräftegleichgewichts. Je exakter die zeitliche Abfolge des Greifens mit dem „Totpunkt“ zusammenfällt, desto besser können die Zielgriffe gehalten werden. Um im Moment des „Totpunktes“ mit der Hand bereits beim Zielgriff zu sein, muss die Greifhand bereits während der Beschleunigungsphase des KSP in Richtung Zielgriff bewegt werden. Die letzte Zugphase (bzw. Flugphase) erfolgt demnach einarmig!
  • Der Beckenimpuls kommt auch bei seitlichen Zügen zur Geltung: Hier wird der KSP seitlich geschwungen, bis man die richtige Beschleunigung für das dynamische Weitergreifen erzeugt hat.

Hauptschwierigkeiten:

  • Der Schwung mit dem Becken wird nicht in Richtung des Zielgriffes erzeugt (beachte die Position des KSP in Relation zu den Füßen = Abdruckfläche!) .
  • Die Greifhand verlässt zu spät den Startgriff, wodurch sie nicht rechtzeitig (im „Totpunkt“) am Zielgriff ist. Die weitergreifende Hand sollte, im Unterschied zur statischen Beckenarbeit, im Moment der größten Geschwindigkeit den Griff verlassen, um rechtzeitig im „Totpunkt“ am Zielgriff zu sein. 
  • In der letzten Phase des Schwunges wird das zweite Bein nicht gestreckt und dadurch wird der Schwung nicht bis zur letzten Konsequenz (oftmals ein mentales Problem) umgesetzt.

Methodik/Organisation:

  • Erklären, vorzeigen, Erfahrungen sammeln
  • Sehr gut aufwärmen. Vorsicht: Große Belastung auf obere Extremitäten (Schultern, Arme, Hände)
  • Absprungtraining. Vorsicht: Verletzungsgefahr! Auf geringer Höhe bleiben!
  • Mögliches „psychisches“ Thema beachten und entspannte Übungsumgebung schaffen

Gelände/Material:

  • Senkrechtes bis überhängendes Gelände
  • Viele Henkel, viele Tritte. Ideal: Henkelraster und Trittraster für alle Größen
  • Achtung: Auf geringer Höhe bleiben, vor allem KEINE SEITLICHEN Dynos höher oben

Vorübungen zum dynamischen Klettern an einer Sprossenwand oder im Henkelgelände:

  • Hüfthohes Greifen – Beine beugen (Frosch) – dann Beckenimpuls zur Wand – Impulsübertragung auf den Oberkörper (Wellenbewegung) – Höhergreifen mit beiden Händen gleichzeitig
  • Mehrmaliges Wiederholen der vorigen Übung mit variierenden Griffabständen. (zuerst zwei Sprossen auslassen, dann immer eine mehr)
  • Schwung holen (Hüftimpuls) und vor dem Weitergreifen mit beiden Händen klatschen
  • Mehrmaliges Klatschen im „Totpunkt“ –   Wer kann am öftesten klatschen?
  • Übungen 1+2 nur mit einer Greifhand und zweiter Hand hinter dem Rücken 

2. ) „Double Dyno“

 

Mit beiden Händen gleichzeitig weitergreifen. Es empfiehlt sich, hierbei eine Wand mit vielen knapp beisammen gesetzten, unterschiedlichen Griffen zu wählen. Anforderung schrittweise steigern:

  • Am Boden stehen – Fußspitzen berühren die Wand – Je steiler die Wand, desto schwerer
  • Füße in der Wand – große Griffe – vertikal versetzte Zielgriffe
  • Füße in der Wand – große Griffe – seitlich versetzte Griff (Positionierung der Füße für die Stabilisierungsphase)
  • einarmiges Weitergreifen – zweite Hand hinter dem Rücken
  • Kleinere Griffe verwenden (senkrechte Wand – „Totpunkt“)
  • Unterschiedliche Belastungsrichtungen der Zielgriffe   

 

Differenzierungsübungen

  • Griffabstände wählen, die gerade noch statisch durchführbar sind. Dann abwechseln statisch – dynamisch klettern.
  • Eine Route im Toprope zuerst ausschließlich statisch, dann ausschließlich dynamisch klettern. Dabei auch nahe Zielgriffe dynamisch anklettern! 

3.) Sprung

 

Abstände zwischen Haltegriff und Zielgriff langsam weiter steigern. Verlassen beide Beine beim Dynamo die Tritte spricht man von einem Sprung.   

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