Fotos: Jasmin Walter, Text: Veronika Ellecosta
Für alle, die wie wir einen gesunden Respekt vor Berg und Schnee haben, und sich dennoch gerne ins weiße Winterwunderland stürzen wollen, gibt es in Faistenau den Skitourenlehrpfad. Mithilfe einiger Schautafeln lernt man hier so einiges über die Basics des Skitourengehen. Begonnen wird am Parkplatz beim Mitterholz im Ortsteil Tiefbrunnau, angekommen wird am Gipfelkreuz der Loibersbacher Höhe. Genau das haben wir auch gemacht. Weil wir aber blutige Anfänger sind, haben wir die Profis ins Boot geholt und uns einer Führung durch den Tourenlehrpfad angeschlossen. Deshalb lag zwischen Beginnen und Ankommen ein längerer Weg.
Die Führung durch den Lehrpfad beinhaltet einen Theorieteil, der am Vormittag im lauschigen Stüberl im Gasthaus Alte Post stattfindet. Während vor der Tür die Eiszapfen verführerisch in der Sonne glitzern und man eigentlich schon in den Schuhen zappelt, wird man hier noch einmal über die Bedingungen im Schnee aufgeklärt. Denn, so ausgelassen man sich das Gipfelstürmen vorstellt, die Natur birgt immer ein Restrisiko. Skitourairbags, Lawinenverschüttungssuchgeräte und Verantwortung gegenüber sich und anderen können lediglich das Risiko reduzieren.
Wir sind in unseren Ski- und Snowboardklamotten angereist und müssen schnell feststellen: In unserem Rucksack befinden sich weder die Notausrüstung, Harscheisen oder ein Erste-Hilfe-Set. Tourenvorbereitung ist das A und O, das wir bereits auf halber Strecke verloren haben. Glücklicherweise wird von uns keine komplette Ausrüstung erwartet, deshalb werden wir mit Lawinenverschüttungsuchgeräten (LVs), Skiern, Schuhen und Stöcken versorgt. Und weil nicht nur die Ausrüstung Teil der Vorbereitung ist, erfahren wir im gemütlichen Stüberl auch noch einiges über den Lawinenlagebericht und Schneelagen. Dass die Schneekristalle, die für das magische Glitzern auf den Feldern draußen zuständig sind, beispielsweise Indiz für Reif sind. Und wenn sich Neuschnee auf die Reifschicht legt, eine Lawine leicht abrutschen kann.
Die Must-Haves für die Skitoursaison
Drei Stunden später und dreimal klüger verlässt ein Konvoi das Gasthaus Alte Post. Neugierig sind wir und brennen darauf, das Wissen auszuprobieren, die ersten Gehversuche im Tiefschnee zu machen und richtig cool zu freeriden. So schnell geht es dann aber doch nicht. Helmut von den Naturfreunden, unser altbekannte Bergkamerd, der mit uns schon auf den Kapuzinerberg gekratzelt ist, und Wolfgang vom Verein Tourenskilehrpfad sind unsere Guides. Gewissenhaft testen sie at first unsere Lawinenverschüttungsgeräte. Jedes einzelne. Was wie eine lästige Prozedur für uns scharrende Pferde in der Rennbox scheint, hat aber oberste Priorität und sollte vor jeder Tour durchgeführt werden. Wer ein aktives und funktionierendes LV bei sich trägt, hat bessere Chancen, bei Verschüttung geortet zu werden.
Wir kleben also die Felle an die Skier und stapfen los. Ein bisschen unsicher, ein bisschen wankend. Dass die Ski, die uns sonst so schnell talwärts befördern, keinen Zentimeter nach hinten ziehen wenn man sich aufwärtsbewegt , macht uns anfangs stutzig. Generell, werden wir sehr bald von Helmut eines Besseren belehrt, ist die Gehart „Stapfen“ keine geeignete Technik für Tourenski. Viel mehr werden die Skier nach vorne gezogen, ohne sie vom Boden abzusetzen. Spart Energie. Wir wollen ja noch den Gipfel.
Und so geht es zügig dahin, im Gänsemarsch durch Waldgebiet und Hänge. Während wir im Tal noch weite Pulverschneefelder durchqueren, kann man am gegenüberliegenden Hang die sogenannten Fischmäuler sehen. Das sind Wiesenstücke, wo Schneebretter abgegangen sind und deshalb kahl aus dem Berg klaffen. Skitouren gehen heißt auch, die Natur und Lage zu beobachten. Keine Schneefläche ist wie die andere.
Unsere Guides vertreten eine Präventivhaltung, immer wieder lernt man hier, die Gefahrenzeichen wie Schneefahnen, Neuschnee oder Sonneneinstrahlung in die Tour einzubeziehen. Das merken wir auch, weil während des Pausenstopps mit Lawinenverschüttungssuchgerät und Sonde eine Suchübung abgehalten und der Ernstfall erprobt wird.
Zugegeben stellen wir uns nicht besonders geschickt im Verbuddeln und Finden der LVs an. Angesichts der Tatsache, dass im Falle eine Verschüttung die ersten 15 Minuten entscheidend sind, ist uns bewusst, dass wir diese Fertigkeit noch ausbauen müssen. Deshalb genießen wir lieber den verdienten Blick in die klare Berglandschaft und unseren ersten beinahe-Gipfel mit Tourenski. Ganz nach oben haben wir´s dann doch nicht geschafft.
Richtig euphorisch werden wir dann, als es talabwärts geht. Und jeder Meter, der beim Aufstieg Mühen kostete, wird in die andere Richtung beinahe achtlos hinter sich gelassen. Euphorisch sind wir aber auch wegen unserer Fotografin Jasmin, die zuletzt vor Dekaden auf den Skiern stand und beim Anblick der Abfahrt nicht erblasst und sich tapfer hinunterstürzt. Und sogar wohlbehalten den Talboden und den Ausgangspunkt erreicht. Der Tourentag neigt sich hier dem Ende zu, wir haben ein persönliches Erfolgserlebnis, einen fast-Gipfel und einen Sport entdeckt, der das Zeug zum Hobby hat.
Der Tourenskilehrpfad ist frei zugänglich und bietet Anfänger*innen und Expert*innen Grundlegendes zum Verhalten beim Skitourengehen. Wer wie wir eine geführte Tour buchen will, kann das über den Tourismusverband Faistenau machen. Informationen gibt es hier.
Jasmin Walter
Jasmin ist ein echtes Nordlicht: Je kälter es wird, desto glücklicher. Mit Zelt und Kamera erforscht sie die Welt. Salzburg ist und bleibt vorerst aber ihr Rückzugsort, wo sie nun neben dem Rockhouse auch für Fräulein Flora fotografiert.