Bereits 2015 haben die Naturfreunde Österreich mit ihrer Forderung „Freie Fahrt für Mountainbiker*innen auf Forststraßen“ für Aufsehen gesorgt. Die große Anzahl der Mountainbiker*innen in Österreich stellte sich mehrheitlich hinter diese Forderung. Auf der anderen Seite meldeten sich Waldbesitzer*innen mit starken Bedenken und leisteten vehementen Widerstand.
Bei der Bundeskonferenz der Naturfreunde Österreich am 21. November 2020 wurde einmal mehr im Leitantrag wie folgt festgehalten: „Mountainbiken hat in den letzten Jahren einen wahren Boom erlebt. Radfahren ist im Wald jedoch nur auf dafür genehmigten und gekennzeichneten Routen erlaubt. Der Ausbau von Singeltrails, Trail Areas und Bikeparks muss unterstützt und forciert werden. Die Naturfreunde setzen sich für den Strukturausbau von Mountainbikestrecken ein und erinnern daran, dass nur ein geringer Teil der Forststraßen offiziell befahrbar ist. Eine Freigabe dieser Forststraßen wäre ein optimales niederschwelliges Angebot für Freizeitsportler*innen.“
Neben emotionsgeladenen Diskussionen wird es zukünftig wichtig sein, einen Diskurs auf sachlicher Ebene zu führen, um endlich österreichweit eine gute Lösung für die stets wachsende Mountainbike-Community zu finden.
Mag. Andreas Schieder: „Die Naturfreunde setzen sich für eine Öffnung der Forststraßen ein“
Mag. Andreas Schieder, Vorsitzender der Naturfreunde Österreich, stellt diesbezüglich klar: „Die Naturfreunde setzen sich für eine Öffnung der Forststraßen ein. Jägerinnen und Jäger, Försterinnen und Förster, Waldarbeiter*innen und die dazugehörigen schweren Holzbringungsfahrzeugen müssen im Wald koexistieren können. Es bedarf eines umfangreichen Wegenetzes und klarer Regelungen, damit eine sinnvolle Lenkung im Sinne aller Nutzungsgruppen funktionieren kann.
Wir distanzieren uns von querfeldein fahrenden Bikerinnen und Bikern sowie von jeglichem rücksichtslosen Verhalten im Wald. Entsprechende Fair-Play-Regeln für Radfahrer*innen sind in unseren Ausbildungen fix verankert und bilden den Grundstein jeder einzelnen Naturfreunde-Radtour! Eine generelle Öffnung der Wälder für Radfahrer*innen unterstützen wir dezidiert nicht.“
Zugang zur Natur nicht verhindern!
Die Naturfreunde wissen natürlich, dass der Wald auch Arbeitsplatz ist; sie sind aber überzeugt davon, dass bei entsprechend klaren Regelungen Radfahrer*innen zum Beispiel Waldarbeiten nicht stören. Bei Holzarbeiten und anderen Arbeiten auf Forststraßen werden diese ohnehin gesperrt – diese Sperren gibt es ja schon, sie gelten auch für Wandernde.
Die Naturfreunde bekennen sich dazu, dass der Bevölkerung der Zugang zur Natur nicht verwehrt werden darf. Gleichzeitig respektieren sie das Eigentum anderer. Gerade die österreichische Rechtsordnung kennt eine Vielzahl von Gesetzen, die für Wälder Eigentumsbeschränkungen vorsehen: Bundes- und Landesstraßen-gesetze, Bauordnungen, Raumordnungsgesetze, Forstgesetz, Wasserrechtsgesetz, Starkstrom-Wegegesetz, Naturschutz- und Tourismusgesetze, um einige zu nennen. Wälder unterliegen also aufgrund des öffentlichen Interesses zu Recht vielen Beschränkungen und können daher nicht mit persönlichem Eigentum wie Haus, Wohnung oder Garten verglichen werden.
Haftung wie für Wandernde
Bezüglich der Haftung schlagen die Naturfreunde Österreich eine ausgewogene und gerechte Haftungsregelung für Grundeigentümer*innen, Wandernde und Radfahrer*innen vor. Umsetzbar wäre das mit einer Haftungsanpassung im § 176 Abs. 4 des Forstgesetzes. Für Waldeigentümer*innen und Forststraßenhalter*innen gilt weiterhin die eingeschränkte Wegehalterhaftung, sie haften nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit; die Beweislast würde bei den Mountainbikerinnen und -bikern liegen. Das wäre eine sehr saubere rechtliche Lösung, die relativ einfach umzusetzen ist.
Eindeutige Vorrangregeln für Wandernde nicht nötig
Im Jahr 2023 hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, dass Fußgänger*innen auf Wegen, die sowohl von Fußgängern und Fußgängerinnen als auch von Radfahrer*innen genutzt werden dürfen (z. B. Geh- und Radwege oder Forststraßen), nicht verpflichtet sind, rechts zu gehen oder den äußersten Straßenrand zu benutzen. D.h. sie dürfen sich wie auf reinen Wanderwegen frei bewegen. Die Radfahrer*innen müssen hingegen immer mit Fußgänger*innen rechnen und besonders vorsichtig und rücksichtsvoll fahren. Klingeln und sich bemerkbar machen hilft, ist aber kein Freibrief für schnelles Vorbeifahren. Es gilt aber für alle die rechtliche Pflicht, dafür zu sorgen, dass andere Menschen nicht in Gefahr gebracht werden.
Nicht nur vertragliche Lösungen
Ausschließlich auf vertragliche Lösungen zu setzen, um das Radfahrnetzwerk zu erweitern, erachten die Naturfreunde als nicht ausreichend. Denn wenn nur eine/ein Grundstücksbesitzerin/-besitzer den Vertrag mit der Gemeinde oder dem Tourismusverband kündigt, stürzt ein ganzes Mountainbike-Netz ein. Außerdem können vertragliche Lösungen extrem kostspielig sein.
Der Schutz des Waldes liegt den Naturfreunden am Herzen
Den Naturfreunden in Österreich ist der Schutz des Waldes ein zentrales Anliegen, da sie den Wald nicht nur als wertvollen Erholungsraum, sondern auch als lebenswichtigen Bestandteil des ökologischen Gleichgewichts betrachten. Sie setzen sich aktiv für den Erhalt der heimischen Wälder ein, fördern nachhaltiges Handeln und engagieren sich gegen die Zerstörung von Lebensräumen. Durch Bildungsarbeit, geführte Wanderungen und Umweltprojekte sensibilisieren sie die Bevölkerung und ihre Mitglieder für die Bedeutung eines gesunden Waldes – für die Artenvielfalt, das Klima und das Wohl zukünftiger Generationen.
Durch die Freigabe der Forststraßen für Radfahrer*innen wäre dieses Anliegen nicht gefährdet. Denn Forststraßen sind breit genug, um ein freundschaftliches, respektvolles Miteinander aller Benutzer*innen zu ermöglichen!